Das regional Typische – Heimat.


Unsere Heimat ist diese Erde, sie hat uns durch ihre Evolution hervorgebracht, ernährt unsere Körper und schuf unseren Geist. Schauen wir die Schönheit dieser Schöpfung und erkennen wir uns selbst, erkennen wir unser Tun und Handeln.

Wir sind undankbare Kinder dieser Erde. Wir schänden ihr Kleid und ihren Körper, ihre Wälder, Flüsse, Seen und Meere. Wir haben abgeholzt, verbraucht, verbrannt, verschmutzt – wir haben die Tiere dieser Erde und den Reichtum ihrer Pflanzen umgebracht und ausgerottet.

Wir Menschen haben uns zum Maß aller Dinge gemacht und idealisieren unser Handeln – haben habgierig den Auftrag ausgeführt: „Macht Euch die Erde untertan.“ „Seid fruchtbar und mehret euch.“ Zum Schlachtruf wurde der Satz: „Habt keinen anderen Gott neben mir.“

Durch den Geist im Menschen erkennt die Schöpfung des Universums sich selbst. Dennoch sind wir der eigenen Triebstruktur hörig und Getriebene besseren Wissens. Zerstückelt liegt die Erde vor uns, verwüstet und brach, gebrochen, eingeebnet, versiegelt, öd, von Grenzen durchfurcht, durch Eigentum zerstückelt – die Erde, das Land, unsere Heimat. Es ist allein unsere Schuld.

Wir besetzen die geschundene Erde und errichten unsere Welt nach eigenen Vorstellungen auf ihr.

Ich will es noch schärfer formulieren. Die Menschheit hat kulturell eine Parallelwelt entwickelt, wir leben in einem schizophrenen Verhältnis zur Natur.

Unsere Welt entsteht aus dem konstruktiven Geist, als idealistische Vorstellung. Das Quadrat beansprucht das Maximum an Raum, sein rechter Winkel zerschneidet jede organisch gewachsene Form und Struktur. Wir setzen auf Konfrontation und Zerstörung. Wir wissen, dass alles ganzheitlich kausal in Beziehung steht und nur durch das Miteinander aller Organe leben kann.

Wir wissen das – aber wir denken und handeln nur zu unserem einseitigen Vorteil. Habgier treibt uns an, immer mehr muss es sein, grenzenlos. Das Geld, unser kultureller Rohstoff, wird zur Waffe gegen die Natur. Wenn alles seinen Preis durch Angebot und Nachfrage erhält, wenn alles käuflich wird, hat nichts mehr seinen ursprünglichen Wert.

Es geht noch schlimmer. Schulden sind die schärfste Waffe, die gegen die Natur, die gegen das Leben geführt wird. Denn Schulden fordern immer mehr Wachstum und Zerstörung. Es ist egal, wie Gewinne verteilt werden, ob kapitalistisch oder sozialistisch. Wir dürften nur so viel nehmen, wie die Kreisläufe der Natur hergeben.

Wie ein Krebsgeschwür fressen wir uns durch den Körper Erde. Wenn wir ihn umbringen, töten wir uns selbst.

Begreifen wir doch endlich: nicht der Mensch ist das Maß aller Dinge! Der Mensch ist Anteil des Organismus Natur, des Lebens. Uns hilft kein Gott, keine Gnade, keine Vorsehung, keine Liebe. Es gibt keine Wahrheit hinter der Realität. Humanismus und Menschenrechte sind zu relativieren und auf Augenhöhe in Beziehung zur regional typischen Umwelt zu setzen.

Das Universum, die Erde, die Natur, das Leben – alles gestaltet sich selbst, wirkt und wächst, ganzheitlich kausal vernetzt. Verdichtung, – Auflösung, Wandlung – Leben – Tod, Evolution.

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Wie sollte sonst das Leben entstanden sein?

Erst wenn wir das Leben als Selbstschöpfung erkennen und schätzen, werden wir uns selbst erkennen und achten. Erst dann werden wir lernen, Verantwortung zu tragen. Orientieren wir uns also alle an unserer Umwelt, an der Natur.

Ich denke, nur die sinnliche Erfahrung und die naturwissenschaftliche Erkenntnis lässt uns das Leben begreifen, erkennen und unser Verhalten sinnvoll steuern.

Weltweit sollte sich jeder an die regional typischen Gegebenheiten anpassen. So wird jeder seine Heimat in ihrer Originalität erkennen und einzigartig typisch gestalten können.

Bisher läuft das aber ganz anders.

Schon in Sumer baute man nur sechs Kulturpflanzen an – und heute? Die industrielle Landwirtschaft dominiert die Ackerflächen und Märkte mit nur wenigen Nutzpflanzen. In der Hauptsache werden Weizen und Reis für die Ernährung und Mais für die Energieproduktion angebaut. Urwälder weichen für Ölpalmen. Mit Subventionen und Überproduktion werden Kleinanbieter vom Markt fern gehalten und ruiniert. Um effektiv Ackerbau betreiben zu können, werden Pflanzen genetisch manipuliert, die Böden chemisch eingestellt. Gewachsene Landschaften sind immer vernetzte Biotope, diese werden ausgeräumt und geometrisch linear zerstückelt. Überproduktion, die Gesetze des Marktes und Subventionen manipulieren nicht nur den Preis – durch billige Nahrung hat sich die Menschheit explosionsartig vermehrt.

Das Leben ist matt geworden, ihm fehlt die Fülle, aus der sich alles erhält und weiter wächst und entwickelt.

Wenn Heimat Sinn machen soll, dann ist das Besondere, Einzigartige, das Typische einer Region zu fördern. Aus dieser Vielfalt der einzelnen Organe fügt sich dann miteinander ein weltumspannendes, lebendiges Netzwerk, der lebendige Körper Erde.

Heimat muss wieder schmecken, riechen, sich anfühlen, gehört und gelebt werden.
Wenn Heimat auf städtische Räume und die imaginäre Welt des Fernsehens und der Computerspiele beschränkt wird, dann haben wir verloren. Zurück zur Natur kann auch nicht meinen, mit dem Mountainbike durch die Wälder zu kacheln.

Die konstruktivistische Städteplanung, deren Ziel die Auflösung der gewachsenen dörflichen und städtischen Strukturen ist, hat das Gesicht der Orte und die soziale Gemeinschaft zerstört. Arbeit, Freizeit, Wohnen, Erholung wurden dezentralisiert. Wehren wir uns! Die Denkmalpflege schreibt zwingend vor, dass jede Zeit zu ihrem Ausdruck kommen muss. Dadurch entsteht ästhetische Anarchie durch Konfrontation unterschiedlicher Baustile. Durch Struktur übergreifende Gestaltung ließe sich das verhindern. Dann entstünde Harmonie durch Einheit in der individuellen Vielfalt. Entwickeln wir eine neue Formenwelt, eine Synthese aus ökologisch natürlichen Formen und kulturellen Bedürfnissen. Geben wir der Natur wieder Platz in unseren Dörfern und Städten. Grüne Inseln müssen das Land durchwirken.

Ich habe 1976 eine regional typisch gestaltete Landschaft in einen Ort zurück gebaut. Es war meine Absicht, eine synergetische Beziehung zwischen Menschen, Kultur und Natur zu realisieren.

Bei der Gestaltung unserer Heimat müssen wir interdisziplinär denken und miteinander handeln. Ökologie, Ökonomie, Ästhetik, Ethik und Natur müssen in das Boot Leben. Natur lebt auch ohne Menschheit weiter, nur die Menschheit kann nicht ohne Natur existieren.

Seien wir endlich leise und halten wir uns zurück. Leben wir nicht nur gierig im Hier und Jetzt. Wir sind nur Gäste auf dieser Erde. Kultur und Natur sollten synergetisch miteinander kommunizieren, um die Vielfalt des Lebens erhalten zu können.

Heinz Teufel